Todd Mayfield, Travis Atria: Traveling Soul - Die curtis mayfield-Biografie

"Alles war ein Song. Jedes Gespräch, jede persönliche Verletzung, jede Beobachtung von Menschen, ob gehetzt, freudig oder voller Liebe...wenn du es fühlen konntest, so konnte ich es auch fühlen." (Curtis Mayfield)

Curtis Mayfield war einer der bahnbrechenden Sänger und talentiertesten Gitarristen seiner Zeit. Aber vielleicht noch wichtiger ist seine Rolle als Sozialkritiker und der entscheidende Einfluss, den seine Musik auf die amerikanische Bürgerrechtsbewegung hatte. »People Get Ready« ist die schwarze Hymne der 1960er-Jahre, und mit seinem Soundtrack zum Film »Super Fly« von 1972 schrieb und sang Mayfield eines der prägnantesten Audioporträts des schwarzen Amerikas.

In Traveling Soul erzählt Todd Mayfield, der zweitälteste Sohn von Curtis Mayfield, in Zusammenarbeit mit Travis Atria die öffentliche ebenso wie die private Geschichte seines berühmten Vaters in fesselnden Details. In bittere Armut geboren und in den Slums von Chicago aufgewachsen, entwickelte sich Curtis zu einem musikalischen Wunderkind, das nicht nur wunderbar sang, sondern auch zu einem brillanten Songwriter heranwuchs. In den 1960er-Jahren wurde er zu einem Vorreiter, gründete sein eigenes Label sowie seine eigene Produktionsfirma und arbeitete mit vielen anderen herausragenden Künstlern zusammen. Curtis Mayfields Leben erfuhr 1990 durch einen Unfall, der ihn gelähmt zurückließ, einen großen Einschnitt. Doch während sich sein Gesundheitszustand immer weiter verschlechterte, gelang ihm noch ein letzter großer musikalischer Wurf und er erhielt zudem auch von offizieller Seite die lang ersehnte Würdigung für sein Lebenswerk.

Auszug aus dem buch:

"Atlantic City, 1969 – mein Vater schleicht in seinem Umkleideraum herum. Die Impressions sind bereit, um die Bühne für ihr zweites Set zu betreten, doch zuerst möchte er sein Geld. Er nimmt seine Sache ernst und will kein Durcheinander. Er hatte einst seinen sechzehnten Geburtstag auf der Bühne des Apollo Theaters in New York gefeiert und seitdem hatte er jede Art von Gaunerei und jeden Trick gesehen. Er wusste, dass „Bezahlung nach dem Auftritt“ oft „gar keine Bezahlung“ bedeutete. In diesen Tagen forderte einen Teil der Gage vorher und den Rest zwischen den Sets; und er schob das Geld in seine Westentasche, wo man durch ihn durch hätte gehen müssen, um an daran zu kommen. Der Veranstalter in Atlantic City jedoch ist ein Schlaumeier. Er kommt in den Raum, mit dem Geld in der einen Hand und einem Revolver in der anderen. Er hält die Waffe an den Kopf meines Vaters.
„Wie sehr willst du das Geld?“, fragt er.
Alle erstarren.
„Ich will es so sehr, dass ich dich abdrücken lasse.“
Er sagt es ruhig, seine Stimme erhebt sich kaum über das softe, maßvolle Säuseln, das so zahllose Hitplatten zierte.
Der Veranstalter nimmt die Waffe herunter. Mein Vater bekommt das Geld.

Er schreitet auf die Bühne, die Musik setzt ein, die Menge kreischt ekstatisch, die Impressions spielen einen fulminanten Schluss und verlassen die Konzerthalle geradewegs durch den Haupteingang in Richtung ihrer Autos, während die anderen Musiker drinnen weiterspielen. Sie lassen die Motoren aufheulen und verschwinden in die Nacht, der nächsten Show und dem nächsten Veranstalter entgegen, der verrückt genug ist, so ein Ding durchzuziehen.

Curtis Mayfield hatte in seinem Leben schrecklichere Dinge gesehen als eine Waffe in seinem Gesicht. Sein Vater hatte ihn verlassen, als er fünf Jahre alt war. Er musste mit ansehen, wie seine Mutter missbraucht und verlassen wurde und war nicht imstande, ihr zu helfen. Er durchlebte lange Nächte von Hunger gequält und kämpfte gegen das Verhungern in einer armseligen Einzimmerwohnung. Er weiß so viel über Zuhälter und Prostituierte wie über die Bibel und über Jesus. Das war das Erste, was er in den verkommenen Slums lernte als ein Niemand, dazu verdammt, ein weiterer kleiner, fauler Nichtsnutz zu werden. Das Zweite lernte er von der Kirche seiner Großmutter, wo sie eine kultische Mischung aus Christentum und „Spiritualismus“ genannten schwarzen Künsten praktizierte. Diese Erfahrungen gaben ihm den Mut, in Atlantic City auf den Lauf einer Waffe zu starren, ohne zusammenzuzucken. Sie machten ihn zu dem, was er ist – ein widersprüchlicher, unberechenbarer, ein brillanter Mann, der frisch von der Highschool kommend ein Musikimperium aufbaute. Ein Mann, der viel von seinem öffentlichen Leben auf der Bühne und viel von seinem privaten im Schlafzimmer verbringt. Ein Mann von legendärer Coolness und mit Anfällen temperamentvoller Gewalt. Ein Mann gesegnet mit unglaublicher Fantasie, aber kaum in der Lage, die banalen Anforderungen des Alltags zu meistern. Ein Mann, der es irgendwie schafft, als Vater sowohl anwesend als auch abwesend zu sein. Ein Mann, der von ewiger Liebe singt, aber keiner Frau treu bleiben kann. der Kontrolle um jeden Preis will und diese Kontrolle manchmal den falschen Menschen überlässt."

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